Gleiches Recht für alle

Sitznachbarn: VDZ-Präsident Hubert Burda und der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso © Hubert Burda Media

Der European Publishers Council (EPC) ist einer der wichtigsten Zusammenschlüsse europäischer Verleger, um sich auf höchster Ebene mit internationalen Spitzenpolitikern auszutauschen. Anfang der Woche traf sich der exklusive Kreis um Hubert Burda mit dem Präsidenten der EU-Kommission José Manuel Barroso, der EU-Kommissarin für Justiz Viviane Reding sowie der EU-Kommissarin für die Digitale Agenda Neelie Kroes in Brüssel. Ziel: Die Verlegeranliegen an diesen drei wichtigen EU-Schnittstellen zu platzieren und vertiefend zu diskutieren.

Besonders ausführlich wurde über die anstehende Novellierung des Datenschutzrechts, die nötige Modernisierung des Wettbewerbsrechts und das Urheberrecht im digitalen Zeitalter gesprochen – und damit über die politische Agenda, die Burda-CEO Paul-Bernhard Kallen bereits beim Kongress Digitale Wirtschaft im Bundestag auf nationaler Ebene skizziert hatte.

VDZ-Präsident Hubert Burda, Mitbegründer des seit 1991 existierenden EPC, erneuerte in Brüssel die Forderungen der Verleger in diesen Themenkreisen. „Im Datenschutz haben wir kein ,level playing field’ zwischen Amerika und Europa”, erklärte er. Sein Appell: „Für alle Unternehmen, die Daten europäischer Bürger sammeln und verwenden, müssen dieselben Spielregeln gelten.”

Die neue Medienwelt brauche außerdem ein zeitgemäßes Wettbewerbsrecht. Zum einen, weil das derzeitige Recht die traditionellen Medienmärkte nicht mehr sinnvoll reguliere, und zum anderen, weil es die Bildung von Monopolen im Internet nicht verhindere. Burda machte deutlich: Suchmaschinen (und auch Social Networks) sind ein Teil der Netzinfrastruktur – und damit ein Nadelöhr für nahezu jedes Internetangebot. Denn nur wer auffindbar und sichtbar ist, könne erfolgreich sein.

Dies berge, verdeutlichte der VDZ-Präsident den Vertretern der Europäischen Kommission, die Gefahr des Missbrauchs durch Unternehmen mit dominierender Stellung. Sie könnten ihre Marktposition ausnutzen, um sich Vorteile in Geschäftsfeldern zu verschaffen, die direkt auf die eigene Infrastruktur aufsetzen, etwa durch die privilegierte Anzeige eigener Inhalte und Dienste. Burda unterstrich hier die Forderung nach Neutralität der Netzinfrastruktur, um Chancengleichheit für alle Internetangebote zu schaffen.

Burda und Christoph Keese (Axel Springer AG) erläuterten zudem den Einsatz der deutschen Verleger für ein eigenes Leistungsschutzrecht. In Berlin hatte die Bundesregierung vor wenigen Wochen ihren Willen zur Schaffung dieses neuen Rechts bekräftigt, damit Verlage im Online-Bereich nicht schlechter gestellt seien als andere Werkmittler. Für die Verleger ist dies ein wichtiger Schritt, „um die rechtlichen Rahmenbedingungen an die neue digitale Realität anzupassen”.

Europäischer Übersetzerpreis 2012: Ungarn im Mittelpunkt

Vorstand der Hubert Burda Stiftung Ewald Seger, Oberbürgermeisterin von Offenburg Edith Schreiner, Autor Péter Nadás, Förderpreisträgerin Agnes Relle, Hauptpreisträgerin Christina Viragh und Generalkonsul von Ungarn Tamás Mydló in der Fondation der Hubert Burda Stiftung in Offenburg © Hubert Burda Media

Sprachliche und kulturelle Sensibilität zeichnen sie aus: Die ungarisch-schweizerische Übersetzerin und Autorin Christina Viragh hat Werke bedeutender ungarischer Literaten wie Péter Nádas, Sándor Márai oder Imre Kertész übersetzt. Für ihre Arbeit wurde sie am Sonntag in Offenburg mit dem mit 15.000 Euro dotierten Europäischen Übersetzerpreis ausgezeichnet. Den Förderpreis in Höhe von 5.000 Euro erhielt die Übersetzerin und Expertin der zeitgenössischen ungarischen Literatur Agnes Relle. Damit würdigten die Hubert Burda Stiftung und die Stadt Offenburg Relles umfassendes Know-how über Ungarns gesellschafts- sowie kulturpolitische Entwicklung und Übersetzungen junger ungarischer Autoren hervor.

Die Verleihung, die in diesem Jahr erstmals unter der Schirmherrschaft des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann stand, fand in der historischen Kultur- und Gedenkstätte „Salmen” statt. Für die Festrede reiste der ungarische Bestseller-Autor Péter Nádas an. In seiner Ansprache ging er auf die verfahrene Geschichte Ungarns ein, stellte die Besonderheiten der ungarischen Sprache vor und betonte die Hürde, die zum Deutschen zu überwinden sei.

Auch Laudatorin Ilma Rakusa, Schweizer Literaturwissenschaftlerin, Schriftstellerin und Literaturübersetzerin, sprach über die Herausforderungen für Übersetzer und lobte in ihrer Laudatio auf Viragh insbesondere ein Werk der Autorin: „Mit der Übersetzung des hochsensiblen Prosa-Werks ‚Parallelgeschichten’ von Péter Nádas hat sie sich einer besonders komplexen Herausforderung gestellt, da das Werk mit seinen verschiedenen Erzählebenen, unterschiedlichsten Erzählformen, Fachthemen, Wortschätzen unglaublich schwierig zu übersetzen ist.”

„Wenn wir aufhören, uns zu übersetzen, hören wir auf, uns zu verstehen, und dann hören wir auf, miteinander zu leben” – unter diesem Motto verliehen die Stadt Offenburg und die Hubert Burda Stiftung bereits zum vierten Mal den Europäischen Übersetzerpreis. Herausragende Übersetzer der Literatursparten Prosa und Lyrik, die mit einem außerordentlichen Sprachgefühl und Kulturverständnis literarische Werke eines europäischen Landes in die deutsche Sprache übersetzt haben, werden seit 2006 alle zwei Jahre mit diesem Preis geehrt. Dabei wird ein Land regelmäßig im Vorfeld bestimmt, dass ins Zentrum der Verleihung rückt: 2010 stand das Land Dänemark im Mittelpunkt, 2008 Frankreich und 2006 Polen.

Warum in diesem Jahr Ungarn in den Fokus der Verleihung rückte, erklärte Offenburgs Oberbürgermeisterin Edith Schreiner: „Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen möchte der Europäische Übersetzerpreis insbesondere Schriftstellern, Kulturschaffenden, Journalisten und Denkern, die sich der Demokratie und den Freiheitsrechten verbunden fühlen, in ihrem eigenen Land den Rücken stärken und ihnen mitteilen: ‚Ihr seid nicht allein!'”

Schreiner ist Teil der Findungskommission, die den Preis von Beginn an begleitet. Neben ihr sind Persönlichkeiten des Literatur- und Verlagswesens Teil der Kommission, darunter Günter Berg vom Verlag Hoffmann und Campe, Präsident der Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt Klaus Reichert und Ulrich Greiner von der „Zeit”.

„Die digitale Revolution hat der Welt völlig neue Wege der Kommunikation eröffnet”, schrieb Hubert Burda in der Festschrift. „Das Internet überwindet Grenzen und baut Brücken. Dabei spielt Sprache eine entscheidende Rolle.” Er betonte, dass es dabei die Übersetzungen seien, die die sprachlichen Barrieren zwischen den Menschen, den Nationen und ihren unterschiedlichen Kulturen überwinden. „Unsere Übersetzer sind die ‚Stillen Helden’ der Literatur. Erst durch sie entfaltet die Kunst der Autoren ihre grenzüberschreitende Wirkung.”