Netzwerke sichern unsere Zukunft

Zum Thema “Vernetzte Zukunft” hielt Dr. Hubert Burda im Rahmen der Heinrich-Hertz-Gastprofessur seine zweite Vorlesung

„Wenn es ein Wort gibt, das die Welt im 21. Jahrhundert beschreibt, dann lautet dieses ‚vernetzt’“, eröffnete Dr. Hubert Burda seine zweite Vorlesung „Vernetzte Zukunft“ im Rahmen der Heinrich-Hertz-Gastprofessur an der Universität Karlsruhe. 550 Zuhörer aus Medien, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik lauschten gebannt wie Globalisierung, Digitalisierung und Medien eine vernetzte Zukunft vorantreiben.

Dass Netzwerke das neue Bild der Welt beschreiben, erläuterte Dr. Burda anhand verschiedener Darstellungen des Internets, Hirnneuronen und auch des Lufthansa Streckennetzes. Der Vernetzungsgrad gelte dabei als Kriterium für die Effizienz einer Organisation: „Auch in der Bewertung von Unternehmen spielt der so genannte ‚linking value’ einer Company eine immer größere Rolle“, so Burda. Dies gehe bis in den privatesten Kreis, wo man bewundernd sagt, jemand ist „gut vernetzt“. Diese Vernetzung drücke sich auch im Städtebau und in der Architektur aus: Mega-Cities stellen komplexe Netzwerke dar und gerade bei Medienhäusern habe die Architektur die Aufgabe, Kommunikation zu fördern, flexible Workspaces und Vernetzung zu ermöglichen. Als Beispiel hierfür zeigte er den neuen Bahnhof in Berlin sowie den Medienpark in Offenburg.

Prof. Hans Belting, Prof. Peter Weibel und Dr. Hubert Burda

„Die Vernetzung von Menschen, Staaten, Wirtschaft und Kultur nimmt zu“, ist sich der Gastprofessor sicher. Die Triebkräfte dieser Vernetzung seien der Prozess der Globalisierung, die Digitalisierung sowie die Medien, die ihrerseits die Vernetzung beschleunigen und intensivieren. „Die vernetzte Zukunft ist Realität, sie schafft Risiken und bietet Chancen“, so der Verleger.

Herbert Arthen und Manfred Ruf

Den Einwand des Informatikstudenten Kai Goller, dass Printhäuser im digitalen Bereich bislang keine Rendite erzielen würden, widerlegte Dr. Burda: „Es reicht heutzutage schon aus, einen guten Algorithmus zu schreiben, aus dem Dritte ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwerfen können.“ Es liege an uns, die Chancen der vernetzten Zukunft zu ergreifen, sei es das neue Universum der Inhalte zu erschließen, Standortkosten anzupassen oder starke Wissenscluster zu schaffen. Unternehmerischer Geist sei gefragt: „Wir müssen das Potential und Know-how deutscher Firmen und Universitäten in der Entwicklung von Zukunftstechnologien umsetzen. Dadurch entsteht Wachstum, das neue Arbeitsplätze schafft“, schloss Dr. Hubert Burda seinen Vortrag.

Rüdiger Hurrle (Hurrle GmbH), Prof. Hans Belting, Ehepaar Marschall und Senator Horst Weitzmann (Badische Stahlwerke)

Im Anschluss hatten die Gäste bei einem Weinempfang von Burda Digital im Foyer des Audimax die Gelegenheit zum persönlichen Austausch und somit den Netzwerkgedanken voranzutreiben. „Die Rede, eine ‚Tour de Raison’, hat uns das Verständnis der Veränderungen, die auf uns durch Medien und Globalisierung zukommen, verbessert und erleichtert – ein wahres Antidepressivum“, fand ZKM-Vorstand Peter Weibel. „Es war einfach wunderbar, dass die Welt heute in den akademischen Raum eingebrochen ist. Sie ist anders, als sich die Wissenschaft denkt“, resümierte Hans Belting, Professor für Kunstgeschichte und Medientheorie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe.

Burda Digital Weinempfang nach der Vorlesung

Michael Rottmann von Burda Digital Systems fand die Ausführung des Verlegers spannend, dass sich die Massen splitten und Verlage nun vor der Aufgabe stehen, die entstandenen einzelnen Communities zu erreichen. „Dr. Burda stellte in seinem Vortrag gekonnt die Verknüpfung zwischen den verschiedensten Themen her“, fand auch Stephan Trahasch von Burda Digital Systems. „Wir dürfen verlorenen Arbeitsplätzen nicht nachtrauern, sondern müssen selbst neue Stellen schaffen“, schloss sich Franz Stempfle, Geschäftsführer der Deutsche Homöopathie-Union (DHU), der Aussage von Dr. Burda an. Ihm gefiel vor allem die sehr visuelle Darstellung sowie die unternehmerische und visionäre Betrachtung des Themas.

Den vietnamesischen Wirtschaftsingenieursstudenten Hai Doung (ganz links) faszinierte besonders, wie Dr. Burda die Veränderung der Gesellschaft durch das Wachstum des Internets aufzeigte

Die Karlsruher Universitätsgesellschaft finanziert die Heinrich-Hertz-Gastprofessur, das damit verbundene Honorar kommt der Felix-Burda-Stiftung zugute.

Wie Medien wirken

Die Zukunft der Medien: Larry Page und Sergey Brin stehen für die digitalen Veränderungen

“Ende des 20. Jahrhunderts haben die Massenmedien wahrscheinlich ihren Höhepunkt erreicht. Individualisierte Medien gewinnen nun an Bedeutung“, so Dr. Hubert Burda. Im Rahmen der Heinrich-Hertz-Gastprofessur der Universität Karlsruhe gab der Verleger am Mittwoch, den 26. April, vor über 650 Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik – darunter Generalbundesanwalt Kay Nehm, Komponist Wolfgang Rihm, Professor Peter Weibel vom Karlsruher ZKM sowie zahlreiche junge und erfolgreiche Unternehmer aus der Oberrheinregion – Einblicke in die Zukunft der Medien.

„High-Tech braucht High-Touch. Je mehr die Technik unser Leben bestimmt, desto mehr Sinnlichkeit und Gefühl muss auch vermittelt werden“, antwortete der Verleger auf die Frage, was die Menschen in einer von den neuen Technologien bestimmten Welt vermissen würden. „Sie werden sonst ja verrückt, da will man auch raus, nähen, einkaufen und Spätzle machen“, so Burda, der betonte, dass er den Menschen die Angst vor Hightech und Multimedia nehmen will.

Dr. Hubert Burda während der Diskussion mit den Studenten

„Weblogs gewinnen einen immer größeren Einfluss in der Meinungsbildung“, so Dr. Burda in seiner Vorlesung, die so gut besucht war wie noch keine Heinrich-Hertz-Veranstaltung. Virtuelle Communities organisieren und verbreiten Wissen und Inhalte anders. Neben dem Internet kommt auch dem TV eine große Rolle zu: „Das Fernsehen bestimmt die Politik: Wer die stärkeren Bilder mobilisieren und sich dadurch inszenieren kann, hat die Macht“, so der Verleger: „Die digitalen Medien bestimmen den ‚Iconic Turn’.“ Generalbundesanwalt Kay Nehm lernte daraus in Vorlesung: „Wenn man in die Kamera schaut, muss man offensiv mit ihr umgehen.“

Dr. Burda hatte zuvor einen Bogen von der Keilschrift bis zu den Infografiken des FOCUS gespannt: Am Beispiel der Hieroglyphen der Frühzeit, über die Erfindung des Buchdrucks bis hin zu den modernen Massenmedien stellte er dar, wie es zur Entwicklung des heutigen Medienbegriffs kam. „Diese Präsentation von der Antike bis zum Internet im Zeitraffer macht Lust auf die nächste Vorlesung“, so Manfred Ruf, Geschäftsführer der Deutschen Sportpartner GmbH.

„Der Verleger machte neugierig auf das, was auf uns Journalisten zukommt. Man spürte seine Begeisterung für Technik und neue Entwicklungen“, so Hanspeter Oschwald, Leiter der Burda Journalistenschule in Offenburg. Rouven Reiff von Reiff Medien ergänzt: „Mich hat beeindruckt, wie Dr. Burda moderne Medien und Kunsthistorie verbindet.“

Professor Thomas Breyer-Mayländer von der Fachhochschule Offenburg, einer der ersten Mitarbeiter des von Felix Burda gegründeten Online-Dienstes Uni-Online, betont die gelungenen Sensibilisierung für Medieninnovationen: „Es ist wichtig, früh zu starten und Erfahrungen ins Unternehmen zu tragen. Die Themen dürfen nicht bei den Innovatoren bleiben, sondern müssen zu einem Kompetenzzuwachs auch bei den Mitarbeitern führen.“ Für Matthias Ehrlich von der 1&1 Internet AG ist Dr. Burda einer der spannendsten Medienpolitiker: „Es ist ein Ansporn, dass zu schaffen, was er bereits im Printbereich geschafft hat.“

„Vernetzte Zukunft“ lautet der Titel der zweiten Vorlesung am 24. Mai.

“So normal wie elektrischer Strom”

Offenburger Tageblatt vom 28. April 2006

Über die Wirkung von Medien sprach Hubert Burda in seinem ersten Vortrag als Heinrich-Hertz-Gastprofessor an der Karlsruher Fridericiana. 500 Zuhörer, darunter Generalbundesanwalt Kay Nehm, verfolgten Mittwochabend die Vorlesung im Audi-Max der Universität. Das mit 7500 Euro dotierte Honorar kommt der Felix-Burda-Stiftung zugute.

Von Ute Dahmen

Karlsruhe. »Sie sind einer der innovativsten Medienunternehmer unseres Landes«, würdigte Universitätsrektor Horst Hippler den Offenburger und Münchner Verleger. Als Gastprofessor an der Technischen Universität Karlsruhe steht Burda in der Tradition von Roman Herzog und Marcel Reich-Ranicki. 1987 wurde die Heinrich-Hertz-Gastprofessur erstmals anlässlich des 100. Jahrestages der Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch Heinrich Hertz in Karlsruhe vergeben.

»Die Medien sind der explosivste und am schnellsten wachsende Wirtschaftszweig«, so Burda über eine Entwicklung, die ohne die wissenschaftliche Bestimmung der elektromagnetischen Wellen durch Hertz nicht denkbar wäre. Nach der Erfindung von Rundfunk und Fernsehen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, lösten ab 1980 die Innovationen CD, Video, Satelliten-TV eine digitale Medienexplosion aus, die sich heute in Blogs, Podcasting, Fotohandy und MP3 manifestiert. »2050 wird der PC für uns so normal sein wie elektrischer Strom«, ist Burda überzeugt.

Informativ und unterhaltsam vermittelte Hubert Burda einen historischen Überblick. Angefangen bei der Bildsprache der Hieroglyphen über die Papyrusrolle und das erste Alphabet der Griechen bis hin zu Gutenberg und der Erfindung des Buchdrucks 1434 in Straßburg. Hier betonte der Offenburger die Schlüsselrolle des Oberrheingrabens mit seiner Fortsetzung im Rhonetal als die historische Gegend, in der mit der Erfindung von Buchdruck, Kupferstich, Holzschnitt, der Herstellung des Papiers, Fotografie, Film, elektromagnetischen Wellen und den Anwendungsbereichen von Computer-Technologien (SAP, ZKM) die wohl entscheidende kommunikativste Landschaft Europas sich ausgeprägt habe.

Allerdings, so warnte der Gastredner, würde seit Gutenberg die linke, sprich textorientierte Hirnhälfte forciert, die rechte, die für Visualität und Fantasie stehe, vernachlässigt. »Wir brauchen beide!« Das Fernsehen, so Burda, sei das große Medium der Inszenierung der rechten Hirnhälfte. Er erinnerte an die Mondlandung 1969, die weltweit von mehr als 700 Millionen Menschen via TV verfolgt wurde. Für das WM-Endspiel prophezeit er über eine Milliarde Zuschauer. »Das nennt man Synchronsphären, wenn alle Menschen den gleichen Gesprächsstoff haben.«

Medien sind für den Vorstandsvorsitzenden von Hubert Burda Media Möglichkeiten, die natürliche Kommunikation wie das Gespräch oder den Gesang durch technische Geräte zu verstärken und zu vervielfältigen. Dass jede Medaille auch eine Kehrseite hat, lässt Burda allerdings nicht außer Acht: »Wir dürfen neben High Tech den High Touch nicht vergessen«, sagt er und meint den mitmenschlichen Umgang. »Wo immer sich Medien verändern, verändert sich die Gesellschaft monumental«, zitierte Burda Walter Benjamin.

Nächster Termin
Ausblick auf die Veränderungen, für die auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page stehen, wird Hubert Burda in seinem Vortrag »Vernetzte Zukunft« geben: Am 24. Mai, 17.15 Uhr, im Audi-Max der Universität Karlsruhe, Straße am Forum 1, Gebäude 30.95. Der Eintritt ist frei.

“Worthülsen in Talk-Shows reichen künftig nicht mehr aus”

Badische Neueste Nachrichten vom 27. April 2006

Karlsruhe. Dass seine Medien Gehör finden, ist für ihn tägliches Geschäft: Hubert Burda ist Chef eines Unternehmens, zu dem im In- und Ausland mehr als 250 Magazine gehören. Wie sie wirken, darüber sprach der 65-Jährige gestern Abend an der Universität Karlsruhe, wo er offiziell die von der Uni-Gesellschaft gestiftete Heinrich-Hertz-Gastprofessur antrat.

Von Tina Kampf

In gut einer Stunde zeichnete der Kunstgeschichtler die rasante Entwicklung der Medien nach: Angefangen bei frühen Formen der schriftlichen Kommunikation, bei Hieroglyphen und Wandmalereien, bis zur heutigen Zeit, “in der jemand schon asozial erscheint, der nach der Landung am Flughafen nicht sofort mit seinem Handy telefoniert”. Begeistert schwärmte er von den Möglichkeiten der Medien, ihrer rasanten Ausweitung, von Geschwindigkeiten, von Ereignissen, die Menschen weltweit und zeitgleich vor dem Bildschirm verfolgen – und lieferte mit seinem eigenen Auftritt gleichsam ein Beispiel dafür, dass es auch heute noch anders geht: Mehrere hundert Zuhörer hatten sich – allen Möglichkeiten der modernen Technik zum Trotz – die Mühe gemacht, zur Uni zu fahren, um Burda persönlich vor Ort zu erleben.

Kein Widerspruch für den Gastprofessor: “High-Tech ist ohne Hightouch nicht zu verstehen”, versicherte Burda. Auch wenn Menschen Technik nutzen, sich in der virtuellen Welt bewegen würden, hätten sie dennoch den Wunsch, selbst etwas anzufassen oder zu gestalten. “Da will man auch raus, nähen, einkaufen, Spätzle machen.” Eine Entfremdung oder gar ein Ende des technischen Fortschritts? Für Burda undenkbar: “Die Entwicklung wird weitergehen, wir werden lernen müssen, uns permanent umzustellen.” Schon der kommende Bundeswahlkampf werde medial in einer völlig anderen Form stattfinden als der im vergangenen Herbst, erklärte er: So genannte Blogs – Internet-Foren, in denen jeder seine Meinung veröffentlichen und Ereignisse kommentieren kann – würden an Bedeutung gewinnen. “Da reicht es nicht mehr, einige Worthülsen in Talk-Shows anzuführen – da kann jeder sofort nachfragen oder klarstellen, wenn etwas nicht stimmt.”

Insgesamt gelte: “Wahlen werden in den Medien gewonnen”, sagte der Chef des Offenburger Konzerns, dem Uni-Rektor Horst Hippler unternehmerischen Weitblick bescheinigte. Ein Weitblick, der sich vielleicht auch in der Medien-Vielfalt innerhalb des Burda-Konzerns widerspiegelt, zu dem nicht nur Magazine, sondern auch Internet- und Radiobeteiligungen sowie TV-Produktionen gehören. “Die Frage wird letztlich sein, wer täglich die Themen bestimmt”, sagte der Unternehmer, der dabei den klassischen Print-Bereich derzeit gut aufgestellt sieht. Umfragen zufolge würden immerhin rund 30 Prozent der Europäer diesem Medientyp das meiste Vertrauen schenken.

Allein: Burda zeigte auch auf, wie sich gerade junge Menschen derzeit das Internet zu Nutze machen, Seiten nach ihren Wünschen und Ideen gestalten. Ein Stück “vernetzte Zukunft” – über die Hubert Burda ausführlicher am 24. Mai in Karlsruhe referieren wird.

 

Attention based Charity

Die Innovation des Sponsoring

von Stephanie Czerny

Staatsakt zur Eröffnung der Pinakothek der Moderne

Wenn es stimmt, dass öffentliche Aufmerksamkeit eine Währung ist, auf die keine Person, kein Unternehmen und keine Initiative verzichten kann, um ans Ziel zu kommen, dann muss die herkömmliche Form des Sponsoring neu erfunden werden.

Vor allem ein Medien-Unternehmen muss seine ureigenste Kompetenz, öffentlich Attraktives zu produzieren, dafür einsetzen. Hubert Burda hat darum Mitte der neunziger Jahre entschieden: Sein Medien-Unternehmen beteiligt sich vor allem dann an Sponsoring-Aktivitäten, wenn sein Beitrag in der Herstellung öffentlicher Wahrnehmung für die zu unterstützende Initiative bestehen kann.

Aufmerksamkeit zu erzeugen, diese neue Form des Sponsorings, läßt sich an vier exemplarischen Aktivitäten aufzeigen, die Hubert Burda initiierte: Die „Sympathiekundgebung für die Pinakothek der Moderne“ in München, die Felix Burda Stiftung und ihre Darmkrebs-Kampagne, Bambi 2004 der sich dem Kampf gegen AIDS widmete sowie die Medien-Promotion „Paten für Toleranz“, die Spender für das neue Jüdische Zentrum in München einlobte. Sie werden hier einzeln vorgestellt. Ergänzt werden die Texte durch Beiträge die diese neue Form des Sponsorings in einen größeren Zusammenhang stellen: Der erste von Georg Franck, Architekturprofessor und Philosoph in Wien, dessen Buch „Die Ökonomie der Aufmerksamkeit“ vor Jahren Furore machte. Der zweite von Gregor Vogelsang, resümiert die schwunghafte Entwicklung der „attention industry“. Mark Buchanan, bekannt geworden durch “Small Worlds”, reflektiert im dritten Beitrag über die Bedeutung von Netzwerken. Die Effizienz von Netzwerken ist ein zentraler Bestandteil der Medienkampagnen von Hubert Burda Media.

0 und 1 – Aufmerksamkeit im digitalen Zeitalter von Gregor Vogelsang

Die neue – die wirklich neue – Ökonomie von Professor Georg Franck

Networks by Mark Buchanan

Die Kunst der Aufmerksamkeit von Klaus Wittkamp

Paten für Toleranz von Silvia Adani

Bambi: Attention creates Charity von Philipp Welte

Interview mit Frau Dr. Maar, Vorstand Felix Burda Stiftung, zu Ihrer Darmkrebs-Kampagne

Paten für Toleranz

von Silvia Adani, Kuratorium zur Förderung des Jüdischen Zentrums Jakobsplatz 

In Literatur, Dichtung und Musik ist sie als Schlüsselthema ebenso bedeutend wie für Philosophie, Politik und Religion: die Toleranz, als Maßstab und Status der demokratischen, freiheitlichen Verfassung einer Gesellschaft und des Umgangs der Menschen miteinander.

Wenn Toleranz nicht wirklich von jedem Einzelnen gelebt wird, wenn Toleranz nicht Denken und Handeln des Einzelnen bestimmt, dann sind Frieden, Offenheit und Respekt zwischen Menschen, Kulturen und Religionen nicht möglich.

Der innige Wunsch, die Umsetzung dieser humanistischen Ideale aktiv zu unterstützen und fördern und damit der Toleranz einen Weg in die Herzen und Köpfe der Menschen zu bahnen, hat Prof. Dr. Hubert Burda dazu bewegt, die Initiative „Paten für Toleranz“ ins Leben zu rufen und als Vordenker und Vorbild diese selbst zum Erfolg zu führen.

Willy Bogner entschied sich für ein Zitat von Paul McCartney

„Paten für Toleranz“ ist eine breit angelegte Medienkampagne, die Spendengelder für den Bau des Jüdischen Zentrums Jakobsplatz einlobt. Die Spender bekennen sich mittels einer Patenschaft eines berühmten Zitats zu Toleranz und Offenheit. Die Initiative wird durch die großen Münchner Medienhäuser realisiert und umgesetzt. Neben Prof. Dr. Hubert Burda und den Münchner Verlegern zählen auch Helmut Markwort und Charlotte Knobloch zu den Initiatoren.

Die Kampagne führt alle notwendigen Elemente zusammen: Die Worte großer Persönlichkeiten der Geschichte und Kultur vereinen sich mit dem Ansehen engagierter Paten; die beeindruckende Reichweite der führenden Medeinhäuser Süddeutschlands führt für ein Millionenpublikum nicht nur eine Begegnung mit dem Begriff der Toleranz herbei, sondern gewinnt dieses dafür, ebenfalls tatkräftig und engagiert für diese einzutreten.

Die Basis des Konzepts bilden keine geringeren Denker, Schriftsteller, Künstler und Persönlichkeiten als etwa Friedrich Schiller, Voltaire, Paul McCartney oder John F. Kennedy; sie alle stehen Pate für die „Paten für Toleranz“. Mit ihren Gedanken und Ideen agieren sie quasi als Spiritus Rector des gesamten Projekts, ihre Zitate stehen für die Vision der Toleranz.

Eröffnung des Jüdischen Zentrums

Für diese Gedanken von Weltgeltung haben sich zahlreiche prominente Personen und Persönlichkeiten sofort begeistert und spontan ihre Teilnahme zugesagt. Sie haben jeweils die Patenschaft für eines dieser historisch oder zeitgeschichtlich bedeutsamen Zitate übernommen. Die Gruppe wuchs stetig weiter an zu einem Chorus, dessen Stimme nicht mehr einfach überhört werden konnte. Das Online / Offline-Konzept der Kampagne eröffnete potentiellen Interessenten die Teilnahme durch die Nutzungsmöglichkeit der verschiedenen Kommunikationskanäle. Die eigens konzipierte Website eröffnete darüber hinaus noch zahlreiche weitere Möglichkeiten: Bereits mit einer Spende von fünf Euro war die Teilnahme möglich, neben der Onlinebuchung einer Anzeige konnten eigene oder neue Zitate eingereicht werden und es wurde eine „Hall of Fame“ mit allen bisherigen Anzeigen eingerichtet.

Die großen Münchner Verlage von der „Süddeutsche Zeitung“, über „Münchner Merkur“, „AZ“ bis zu „TZ“ wurden ebenfalls begeistert, die Kampagne aktiv zu unterstützen. Mit ihrer Reichweite und journalistischen Kompetenz war dieses Engagement der Schlüssel zum Erfolg der „Paten für Toleranz“. Millionen Leserinnen und Leser fanden über mehrere Monate hinweg beinahe täglich in der Zeitung ihrer Wahl einen Paten mit einem neuen Zitat.

Alle Spender verewigten sich in der “Hall of Fame”

Während die Paten sich bereit erklärten, für diese Anzeigen den marktüblichen Preis in Abhängigkeit von Farbigkeit und Größe der Anzeige zu entrichten, konnten die Verlage überzeugt werden, diese Anzeigen zum Selbstkostenpreis zu veröffentlichen. Damit wurden rund 85 Prozent des jeweiligen Anzeigenpreises dem Bau des Jüdischen Zentrums Jakobsplatz als Spenden zur Verfügung gestellt.

Ohne Abzüge oder weitere Kosten kamen diese Spenden direkt dem Jüdischen Zentrum Jakobsplatz zugute. Auf dem Jakobsplatz in München, einem der ältesten Plätze der Stadt, entsteht das Jüdische Zentrum, bestehend aus Synagoge, Jüdischem Gemeinde- und Kulturzentrum und Jüdischem Museum. Dieses Projekt, das gleichzeitig die Vision einer neuen Ära des Miteinanders widerspiegelt und repräsentiert, ist wohl eines der zentralen Vorhaben im Nachkriegsdeutschland.

Das Zentrum, das zu einem Gutteil von der jüdischen Gemeinde selbst finanziert, aber vom Freistaat Bayern und der Landeshauptstadt München ebenfalls nachhaltig gefördert und unterstützt wird, ist Prüfstein des Status Quo des Toleranzbegriffs und dessen Verankerung in der deutschen Gesellschaft. Denn ohne die allgemeine gelebte Akzeptanz und der selbstverständliche Umgang mit anderen Religionen, Weltanschauungen und Gedanken hat dieses Zentrum im Herzen Münchens keine Chance, seine Kraft im Wechselspiel mit einem modernen, weltoffenen und reichen städtischen Leben und einer urbanen Kultur.

Die Kunst der Aufmerksamkeit

Hubert Burda und die ‚Sympathiekundgebung für die Pinakothek der Moderne’

von Klaus Wittkamp

Nur ein einziges Mal war es gelungen, den besten deutschen Fußballspieler und den wichtigsten deutschen Maler des 20. Jahrhunderts zusammenzubringen.

Dies geschah, nachdem Franz Beckenbauer sich entschlossen hatte, in einer Zeitungsanzeige sein Porträtfoto neben einem Gemälde von Max Beckmann abbilden zu lassen. Ermöglicht wurde dieses Gipfeltreffen von Hubert Burda, der in einer kunstsinnigen Spendenkampagne die Bürger dazu aufrief, möglichst viel Geld für die Münchner Pinakothek der Moderne zu sammeln. Was war geschehen? Wie kam der geniale Libero dazu, sich mit Beckmanns rätselhaftem ‚Stilleben mit Fernrohr’ einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren?
Wir erinnern uns.

München war schon immer eine Stadt, in der die Alten Meister größere Chancen hatten als die Meister der Moderne. Die zeitgenössische Kunst stand immer ein wenig im Abseits. Während seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in vielen deutschen Städten epochemachende, architektonisch bedeutsame Museen entstehen, ist die ‚Staatsgalerie für moderne Kunst’ im dafür völlig ungeeigneten Haus der Kunst untergebracht. Die Bestände der Neuen Sammlung, eines der weltweit führenden Museen für angewandte Kunst des 20. Jahrhunderts, werden wegen Raummangels als Leihgaben auf Weltreise geschickt; das Architekturmuseum und die Graphische Sammlung besitzen weder eigene Gebäude, noch geeignete Ausstellungsräume. Dieser Zustand ist nicht nur schlecht für die Kunst und das Ansehen Münchens, sondern enttäuscht auch viele Sammler, die ihre Leihgaben, Stiftungen oder Schenkungen in den Depots verschwinden sehen.

Franz Beckenbauer steht Pate für das “Große Stillleben mit Fernrohr” von Max Beckmann

Aus diesem Grund beschließt die Bayerische Staatsregierung zu Beginn der 90er Jahre – nach langem Zögern und auf erheblichen Druck der Medien –, in München ein neues Museum für die Kunst des 20. Jahrhunderts zu errichten. Da der Ministerpräsident aber nicht sicher ist, ob die bayerische Bevölkerung tatsächlich bereit ist, für die Kunst von Pablo Picasso oder Joseph Beuys erhebliche Summen auszugeben, verknüpft er den Regierungsbeschluß mit einer bis zu diesem Zeitpunkt einmaligen Forderung. Bevor der Freistaat die Finanzierung übernimmt, so lautet die Vorgabe, sollen zehn Prozent der Bausumme, also 20 Millionen DM, von privater Seite zusammengetragen werden.

Von diesem Zeitpunkt an ist die Pinakothek der Moderne angewiesen auf das kluge Engagement und die ausdauernde Phantasie zahlreicher Persönlichkeiten und Instanzen und vor allem der Münchner Bürger. Im Zentrum der Aktivitäten steht die eigens zum Zwecke des ‚Fund Raising’ gegründete ‚Stiftung Pinakothek der Moderne’, die unter der Schirmherrschaft von Herzog Franz von Bayern und der besonderen Mitwirkung des Generaldirektors der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Johann Georg Prinz von Hohenzollern, die Herausforderung des Freistaates annimmt.

Zu den herausragenden Initiativen, die in den folgenden Wochen gestartet werden, gehört die „Sympathiekundgebung für die Pinakothek der Moderne“, die Hubert Burda ins Leben ruft. Als Kuratoriumsmitglied ist der Verleger dazu aufgerufen, mit einer beträchtlichen Spende zum Bau des neuen Museums beizutragen. Nun gehörte es noch nie zur Mentalität Hubert Burdas, anonym und ohne synergetische Effekte ein öffentliches Vorhaben zu begleiten. Er bevorzugt die ungewöhnliche Kampagne. Er richtet den Blick auf neue Strategien und Wahrnehmungsformen. Leidenschaftlich sucht er nach ebenso zeitgemäßen wie erregenden Formen einer „Ökonomie der Aufmerksamkeit“.

Kunstgesinnte in der Rotunde der Pinakothek der Moderne

Tatsächlich ist es vor allem eine neue Qualität der Aufmerksamkeit, die Hubert Burda mit seiner ‚Sympathiekundgebung’ herstellen möchte. Er entwickelt die Idee, Freunde und Förderer aus der gesamten Bürgerschaft sowie Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, aus Kunst, Kultur und Sport zu finden, die in einer Anzeigenkampagne öffentlich zu Spenden aufrufen und sich somit als Förderer der modernen Kunst zu erkennen geben. Gleichzeitig sollen sie mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie selbst eine großzügige Spende leisten. Veröffentlicht werden die Anzeigen in den vier großen Münchner Tageszeitungen, der ‚Süddeutschen Zeitung’, der ‚Abendzeitung’, der ‚tz’ und dem ‚Münchner Merkur’. In diesen Anzeigen kann jeder Teilnehmer mit seinem Porträtfoto, seinem Namen und einem Kunstwerk seiner Wahl dazu aufrufen, sich ebenfalls für die Pinakothek der Moderne zu engagieren.

Der Erfolg der ‚Sympathiekundgebung’ ist durchschlagend. In den folgenden Wochen erscheinen täglich Anzeigen, in denen Persönlichkeiten, die man bis zu diesem Zeitpunkt kaum mit Kunst in Zusammenhang bringen konnte, für das neue Museum werben. Zunächst sind es die prominenten Namen, die Aufsehen erregen: Franz Beckenbauer lässt sich mit Max Beckmann abbilden, Willy Bogner mit einer Landschaft von Picasso, Roland Berger mit einer Liebeserklärung für Robert Motherwell, Gerd Käfer mit einer Abstraktion von Kandinsky. Auch große Unternehmen finden sich unter den Teilnehmern, entweder mit ihrem Logo oder dem Porträt ihres Vorstandsvorsitzenden. Die Liste der Förderer liest sich schließlich wie ein „Who’s who“: Florian Langenscheidt, Ingvield Goetz und Markus Wasmeier sind ebenso dabei wie Siemens, Allianz oder die Münchner Rück.

Vor allem aber lebt die ‚Sympathiekundgebung’ von ungewöhnlichen Konstellationen. Wenn der Fernsehmoderator Dieter-Thomas Heck sich mit Salvador Dalís Bild ‚Das Rätsel der Begierde’ präsentiert, weckt er die Aufmerksamkeit eines Publikums, das der modernen Kunst gemeinhin eher reserviert gegenübersteht. Auch zahlreiche, sonst kulturferne Unternehmen werden erst durch die ‚Sympathiekundgebung’ für die Kunst der Moderne sensibilisiert. So beteiligt Microsoft sich nicht nur an der Anzeigenkampagne, sondern lässt sich, davon angeregt, zum Jahrestreffen seiner Europa-Manager eine exklusive Führung durch die ‚Staatsgalerie moderner Kunst’ vermitteln und spendet dafür einen sechsstelligen Betrag.

Gespannte Besucher bei der Eröffnung

Nach Beendigung der Kampagne hat Hubert Burda sein Ziel erreicht. Mit einer ungewöhnlichen Aktion hat er eine breite Öffentlichkeit für die Pinakothek der Moderne begeistert, eine enorme Geldsumme gesammelt und darüber hinaus eine hohe Aufmerksamkeit für das eigene Haus erreicht.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die er angeregt hat, ist im heutigen Kulturbetrieb nicht mehr selbstverständlich. Eine große Bürgerbewegung gehörte zu dem Netzwerk, das für einige Wochen die Kunst der Münchner Museen im Gespräch hielt. Künstler gaben kostenlos ihre Bildrechte frei; Zeitungsverleger stellten Platz für die Anzeigen zur Verfügung; Prominente wie Boris Becker erschienen auf Fund-Raising-Dinners, auf denen die vier Museumsdirektoren die Pläne für die Pinakothek der Moderne vorstellen konnten. Den größten Anteil am Erfolg aber hatten all jene bekannten und unbekannten Teilnehmer, die nicht nur großzügige Spenden für das Museum geleistet haben, sondern die zugleich das Wagnis auf sich nahmen, sich in aller Öffentlichkeit mit einem schwierigen Kunstwerk von Georg Baselitz, Sol LeWitt oder Joseph Beuys ablichten zu lassen. Die zahllosen Zehn-Mark-Überweisungen auf das Spendenkonto beweisen, daß die ‚Sympathiekundgebung’ auch breite Bevölkerungsschichten von der Notwendigkeit des neuen Museums überzeugen konnte.

So hat Hubert Burda wieder einmal nichts anderes getan, als seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: neue Orte für neue Bilder zu finden, in diesem Falle die Pinakothek der Moderne, für die vor fast genau zehn Jahren der erste Spatenstich erfolgte.

Das Wort ‚Pinakothek’ leitet sich aus dem Griechischen ab und bezeichnet „den Ort, an dem man Bilder aufbewahrt“. Für Hubert Burda sind diese Bilder mehr als bemalte Leinwände oder Holztafeln. Bilder stehen für ihn in einem viel umfassenderen Kontext. Die Frage nach dem Bild impliziert den Blick auf grundlegende Formen der Wahrnehmung, zu denen ein Gemälde von Tizian oder eine Installation von Bruce Naumann ebenso gehören kann wie die darin zur Sprache kommenden Imaginationen und Einbildungen, Metaphern und Traumbilder, Erinnerungen an Vergangenes und Vorstellungen des Künftigen. Bilder sind demnach das Gegenteil von Abbildungen; sie sind Medien, die zwischen der kaum einsehbaren Welt des Unbewussten und den scheinbar so klaren Einsichten des Erkenntnisvermögens vermitteln. Eine Pinakothek ist der Aufbewahrungsort dieser Bild-Medien: sie repräsentiert nicht weniger als das kollektive Gedächtnis der Menschheit und den Blick des Menschen auf sich selbst.

Indem Hubert Burda die begnadeten Spielzüge eines Franz Beckenbauer und die bis heute unergründlichen Stilleben eines Max Beckmann zu einem einzigen Bild verdichten konnte, zeigt er uns, daß die Kunstgeschichte der Moderne vorläufig noch nicht beendet ist.

Die neue – die wirklich neue – Ökonomie

von Professor Georg Franck

Der Erfolg des Hauses Burda belehrt all die eines Besseren, die glauben, daß die Ökonomie der Aufmerksamkeit eine Ökonomie im nur übertragenen Sinn sei.

Das Haus ist Bank und Börse in Sachen Aufmerksamkeit. Wer schnell und richtig reich an Beachtung werden will, muß in die Bunte. Wer in Rankings und Hitlisten vorne mitmischen will, sollte im Focus aufgetaucht sein. Das Medienhaus macht vor, wie die Vermögensverwaltung in Sachen des immateriellen Reichtums funktioniert. Aus einer kleinen Einlage mitgebrachter Bekanntheit kann ein Kapital werden, das sich rentiert. Die Bank investiert die Einlage in Präsentationsfläche. Je bekannter das Gesicht ist – und wird –, um so mehr bringt die Präsentation für den Einleger und freilich für die Bank. Die Bank kann aber auch Werte wie aus dem Nichts schöpfen. Sie kann nämlich mehr Kredite geben, als Einlagen da sind. Sie kann ein Mauerblümchen präsentieren, als sei es schon ein Sternchen. Wenn die Suggestion aufgeht, dann ist da plötzlich ein Renommee, das sich verzinst. Jetzt wird das Medium erst recht wichtig. Es wächst selber über die Hausbank hinaus, wenn das Publikum zu verstehen beginnt, was der Faktor Größe des Bilds mal Häufigkeit der Abbildung bedeutet. Der Faktor notiert einen Kurswert, sobald das Medium als Börsenblatt der Prominenz gelesen wird.

Aus der Sicht des ökonomischen Neulands, das da in Besitz genommen wird, sieht die New Economy von gestern noch älter aus, als es das jüngst Vergangene so an sich hat. Da gibt es nicht nur eine neue Technologie, die Technologie der Attraktion. Da gibt es auch nicht nur eine Klasse von neuen Reichen, die Medienprominenz. Da tritt eine neue Art von Sozialprodukt in Erscheinung: das Aufkommen an der Beachtung, die für den Konsum der Information ausgegeben wird, die in den Medien erscheint. Neu an dieser Ökonomie ist nicht, daß das Geld als Währung abgelöst würde. Neu ist, daß der Gewinn an Beachtung vor dem Profit kommt. Das Haus Burda versteht es wie wenige andere, aus diesem Wechsel der Prioritäten Kapital zu schlagen. Man weiß in diesem Haus, daß die Wachstumspole der Wirtschaft an die Schnittstellen zwischen der Ökonomie des Gelds und der Ökonomie der Aufmerksamkeit gewandert sind. An dieser Schnittstelle – in der Wissens- und Kulturindustrie, im Sport, in der Werbung – boomen die ansonsten lahmenden Wachstumsraten.

Was kann einem Theoretiker Besseres begegnen, als ein potentes Unternehmen, das seine Thesen auf die Probe stellt? Was gibt es Schöneres als die Bestätigung im Stil eines groß angelegten Experiments? Nun, so ungetrübt ist die Freude am diesem Rechthaben nicht. Nicht nur die Ökonomie der Aufmerksamkeit ist eine Ökonomie mit all den Schattenmärkten und all den Schattenseiten, die für eine Marktwirtschaft typisch sind. Auch der mentale Kapitalismus entpuppt sich mehr und mehr als ein Kapitalismus mit all den charakteristischen Höhen und Tiefen. Stichworte sind die schiefe Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, die Verwertung des Reichtums, die die Belohnung der Leistung verdrängt, die leistungsfreien Einkommen derer, die ehedem im Überfluß leben. Der mentale Kapitalismus sozialisiert den Status des Elitären ohne Ansehen der Gründe, die zur Bekanntheit verhalfen. Die Medienprominenz glänzt vor allem im Glück, das man haben muß, um so vielen Menschen Beachtung abzunötigen, ohne allzu Beachtliches zu bieten.

Warum gefällt es den vielen, die so wenig für ihre Acht zurückbekommen? Das weiß man nicht. Den Kritikern des mentalen Kapitalismus ist nämlich noch kein Experiment im größeren Stil eingefallen. Ihnen bleibt nur zu stauen, wie glatt der neue Kapitalismus läuft.

0 und 1 – Aufmerksamkeit im digitalen Zeitalter

von Gregor Vogelsang, Partner Booz Allen Hamilton

Über 900 Milliarden Euro setzt die Attention Industry jedes Jahr um, weltweit, Tendenz steigend. Aufwand, der allein betrieben wird, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, denn noch nie war so viel Nachfrage nach Aufmerksamkeit:

Neue Produkte, neue Marken, politische Agenden und deren Macher, gesellschaftliche Anliegen – und natürlich auch Corporate Citizenship und Charity Projekte – suchen in einem täglichen Wettkampf nach Aufmerksamkeit. Charity und Corporate Citizenship Projekte sind sogar in besonderem Maße auf Aufmerksamkeit angewiesen, denn ihr Anliegen für viele gar nicht auf der persönlichen Agenda.

Gregor Vogelsang, Partner Booz Allen Hamilton

Gleichzeitig war aber auch noch nie so viel Angebot, um auf sich aufmerksam zu machen: Wer die Öffentlichkeit heute sucht, wird sie auch finden – in zunehmendem Maße, indem er sie selbst schafft. Web 2.0 versorgt jeden und alles mit einem Kanal. Blogs, Vlogs, Mlogs, Communities. Wie im E Commerce hat sich ein „Long Tail“ der Aufmerksamkeit im Netz erfolgreich etabliert. Die Suchmaschinen sind die neuen Herren dieser Long Tail Attention im Web. Der Link ist die neue Währung der Aufmerksamkeit, nicht mehr der Space: Mehr Links, mehr Aufmerksamkeit.

Schliesslich sind da noch die Konsumenten, die eigentlichen Adressaten der Attention Industry. Unsere Möglichkeiten, auch noch die letzten Minuten unseres wachen Daseins mit der Aufnahme und Abgabe von Botschaften zu verbringen ist geradezu dramatisch angestiegen. Unsere Erreichbarkeit ist auf ein 24x7x365-Niveau geklettert, unsere Zeiteinheiten für die Beschäftigung mit Botschaften in dieser erreichbaren Spanne sind immer kleiner geworden, sprich wir beschäftigen uns in einem wachsenden Zeitraum mit immer mehr und immer kleineren Einheiten.

Mehr Nachfrage, mehr Angebot und mehr Zeit. Aber: weniger Übersicht, größeres Durcheinander der Botschaften, Medien, Bittsteller… .Mit der Aufmerksamkeit ist es wie mit den Informationen. Information ist nicht gleich Information und Aufmerksamkeit ist nicht gleich Aufmerksamkeit. Es ist die Quelle, die den Unterschied macht. Die persönliche Empfehlung oder das „Endorsement“ sind in dieser sich individualisierenden Welt ein immer wichtigeres Mittel zum Wecken von Aufmerksamkeit. Der oder die Prominente, die für ein Projekt, ein Charity-Anliegen werben, vergeben damit das Wertvollste in der Attention Industry – ihr persönliches Endorsement und damit ihr Aufmerksamkeitskapital.

Networks

by Mark Buchanan, Author of “Small Worlds”

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Modern research in cognitive psychology and artificial intelligence tells us that intelligence is both “embodied” and “embedded”. What does this mean?

For individuals, businesses or governments today, the environment is increasingly the “networked” environment. The vast technological reach of the Internet has revolutionized everything from international banking and business management to library science and air traffic control. It has vastly improved the efficiency of information flows of all kinds. Like all developments in our world, however, from genetic engineering to nuclear energy, networks present both opportunities and risks. We still seem powerless to prevent serious network inefficiency – today more than 68% of global email is wasted “spam”. Likewise, while air travel enhances business efficiency and brings disparate cultures together, it also projects public health problems across the globe: witness the worldwide repercussions of the SARS epidemic, and the looming threat of Avian flu.

Executives and scholars of business management recognize that conventional theories of management, forged in the era of industrialization, vertically integrated companies, and relatively impermeable institutional borders, can no longer cope with the immensely complex organizations that have emerged during two decades of rising globalization and decentralization. With the global economy now far more integrated than it has ever been, chains of economic cause and effect reach across the world with disconcerting speed, exposing individuals, firms, and governments to a new kind of “interdependence risk” — to the possibility that events quite far away can undermine the activities on which their security and prosperity depend. To take one example, in 2002, a labor slowdown at ports on the West Coast cost U.S. businesses up to $1 billion per day for several weeks, bringing into sharp relief their dependence on facilities they do not themselves control.

But networks exist, of course, because they offer opportunities. Five-hundred million years ago, the single-celled organisms that then inhabited the Earth began a vast experiment in networking, forming into alliances of more capable and sophisticated multi-cellular organisms and creating an evolving line of living technology of which we are the most recent products. Evolution has managed to exploit the benefits of networks, while avoiding – or at least learning to cope – with the inherent risks. Nowadays, we are involved in a similar experiment and to succeed we will need to do the same. To do so, we will require a deep science of networks – a science that is today only in its infancy.

In the abstract, a network is simply a web of linked objects – people, computers, bacteria, businesses, or what have you. What makes networks so efficient? Obviously, connections allow the bringing together of complementary resources and skills and thereby the achievement of tasks that would otherwise be impossible. The linking together of resources also allows sharing of loads and the division of labour, as illustrated by the historical development of the electrical grid. In the early 20th century, when electrical appliances were still relatively exotic, and electrical lighting was the technological marvel of the day, power stations located in towns or cities burned fuel or harnessed hydroelectric energy and delivered it through short transmission lines to local businesses and residents. Power was both produced and consumed locally. With time, of course, these local networks extended their reach to the countryside, carrying power for electric lights, to run machinery and so on. Today, power is till produced locally, but consumed globally.

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Widespread distribution does more than make power available to more people. It makes power generation more efficient. Suppose it is summertime in the U.S., and a local heat wave is hovering over the East coast. Momentarily, demand for electrical power in this region will soar, as people use their air conditioners and fans. But all this power need not be produced on the East coast. The electrical grid network can instead divert electricity from other regions, directing it to where it is needed most. A week later, if weather conditions and electricity demands change, the network can just as easily send power elsewhere. In the absence of network sharing, power generators in each region would have to be able to supply the local peak demand. By linking together the electrical supply networks for different geographical regions, electrical generators can share the burden.

This is the secret of networks – improved flexibility and adaptability, as resources can flow toward points of greatest need. This is why the Internet, a global network of interlinked computers, is so remarkably dependable. Engineers estimate that at any one time, a few percent of all Internet computers are not working, either offline for maintenance, or having crashed for some reason. But we rarely if ever notice this when sending emails, as the network has been designed to automatically re-route messages around problems spots. This is also why the World Wide Web is such a powerful information resource. A physicist in Rome can access and in seconds run a calculation on a supercomputer located at the Los Alamos National Laboratory in the New Mexico Desert. Information and resources flow to where they can be used. The remarkable SETI project, scanning the heavens in a search for signs of other life within our Universe, has exploited this network resource very cleverly. The project’s organizers have literally enlisted millions of individual computers from all over the world to participate in analyzing data, searching for hidden signals. Again, computational resources – in apparently idling computers across the planet – are put to work by virtue of the network.

The benefits of linking things together may be somewhat obvious, but the real power of networks to improve efficiency only comes into view with a slightly more detailed examination. Three decades ago, sociologists noted that most people find new jobs – or other kinds of precious information – not by contact with those they know well or see frequently, but through those with whom they have only “weak ties” – more distant acquaintances or contacts. Paradoxically, these people offer bridges to other worlds of information or capabilities that are not normally our own. Indeed, no matter who you are, most knowledge and capability rests in the hands and heads of others, known to you perhaps, but most likely not.

What is most surprising is how these weak links make real-world networks of all kinds, from social and business networks to the Internet and World Wide Web, surprisingly small, and make all those “unknown” resources only a few steps away. Although there are over ten billion pages on the World Wide Web, it generally takes only about 20 clicks to navigate from one page to another. Studies of social networks, food webs, the physical Internet, cellular protein-protein interactions networks and networks of many other kinds reveal a similar character – going from any one element to another requires only a handful of steps, even in networks comprised of an enormous number of elements. This is why networks offer so much potential. We used to think of intelligence as something inherent to a mind or organism, some special quality of its organization and function, which could be described and understood in the abstract and in isolation. Now we see that human intelligence and the intelligence of other organisms actually depends crucially on ongoing interactions between mind and body and between the organism itself and its environment. Intelligence is less a property of an organism per se, than a quality of the relationship between an organism and its environment.

In pinning down some quantitative measures of real-world networks, the science of networks has at least begun to establish a conceptual language for describing and comparing complex networks in a meaningful way. Many fundamental questions demand answers. What accounts for the emergence of similarly structured networks in so many distinct settings, where one might expect different factors to be at work? What is the link between the specific architecture of a network and its stability and efficiency? How does network architecture influence the dynamics of processes taking place within that network?

What increasingly stands out about today’s world is its immense complexity – its irregularity and apparent unpredictability, its dense webs of cause and effect that defy straightforward analysis. Nothing in traditional science and engineering has prepared us to manage such systems, and our intuition offers little or no guidance: we need new ideas, new metaphors and new methods. Network intelligence is the ability of an individual within a network to navigate and tap into the extended ecosystem of resources, while avoiding the hazards. Our future demands that we develop such intelligence.